„Wunder erleben nur die, die an Wunder glauben.“ (Erich Kästner)

Das Leben schreibt die schönsten Geschichten. Geschichten, die so unglaublich sind, dass wir sie nicht erfinden können. Geschichten, die an ein Wunder grenzen. Und genau so eine Geschichte habe ich vor kurzem erlebt. Nicht nur, dass mir das Universum statt eines kleinen Zeichens gleich eine schillernde Leuchtreklame schickt. Es beweist auch eine Menge Humor. Aber fangen wir von vorne an …

Dienstagfrüh, 0:45 Uhr am Bahnhof Zoo. Eine der Ecken von Berlin, die nachts einen eher zweifelhaften Ruf genießt. Ich bin für ein paar Tage in der Hauptstadt und wohne in einem Hotel in der Nähe. Kurz vor Mitternacht mache ich mich noch für einen nächtlichen Spaziergang auf. „Machen Sie sich keine Sorgen. Sie können ganz beruhigt auch noch nach Mitternacht in die Stadt laufen. Wenn Sie allerdings zurückkommen, sollten Sie ein Taxi nehmen.“, gibt mir der freundliche Barmann mit auf den Weg, als ich ihm von meinem Plan berichte.

Vertrauenswürdig geht anders

Eine Stunde später stehe ich schließlich am Bahnhof Zoo und beherzige seinen Rat. Ich halte nach einem Taxi Ausschau, das mich zum Hotel bringt. Es ist kalt, ein eisiger Wind weht mir um die Nase und auf dem Bahnhofsvorplatz treiben sich Gestalten herum, die nicht gerade in die Kategorie „vertrauenswürdig“ fallen. Meine Augen wandern suchend auf und ab. Etwa 50 Meter weiter entdecke ich schließlich den Taxistand. Dankbar und erleichtert, mich bald im Hotel zu wissen, laufe ich auf das erste Auto in der Reihe zu. Ich blicke durch die Frontscheibe des hellgelben Mercedes. Plötzlich läuft mir ein Schauer über den Rücken und ich bleibe wie angewurzelt stehen. In diesem Moment ist mir klar: In dieses Taxi kann ich auf keinen Fall einsteigen. Mein Körper sträubt sich gerade zu. So, als würde er mir sagen wollen, dem Taxifahrer ist nicht zu trauen.

Der Schatz der Intuition

Wenn ich eines in den letzten Monaten gelernt habe, dann das: Es lohnt sich auf unser Bauchgefühl zu hören. Denn unser Bauchgefühl ist nichts anderes als der große Schatz an Erfahrungen, die wir im Laufe unseres Lebens gesammelt haben. Ohne meine Intuition weiter zu hinterfragen, mache ich das, was Taxifahrer gar nicht mögen. Ich suche mir meinen Fahrer am Taxistand einfach selbst aus. Schon beim dritten Taxi werde ich fündig. Ich blicke durch die Frontscheibe und schaue in die Augen eines jungen Mannes Mitte 20. Er wirkt freundlich, trägt einen gepflegten Bart und ein hellblau kariertes Hemd. Mehr kann ich aus der Distanz nicht erkennen. Meinem Bauchgefühl reicht das allerdings vollkommen. Meine Entscheidung ist gefallen. Das ist mein Taxi. Ich folge meinem Impuls und gehe zu seinem Wagen. Ich öffne die Tür zur Rückbank, begrüße ihn und lasse mich erleichtert auf den Sitz fallen.

Juten Abend! Schön, dat Se sich für mik entscheden. Wohin darf ik Se fah´n?“ entgegnet mir der Fahrer mit einem unverkennbaren berliner Akzent. Wenige später fahren wir auch schon in Richtung Hotel. Die Fahrt dauert nicht lange, aber lange genug um zu spüren, dass dieser Taxifahrer besonders ist. Wie besonders, das kann ich zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht einmal erahnen.

Vertrauen in der Fremde

Die Fahrt zum Hotel dauert exakt 8 Minuten. Das Taxi verlasse ich allerdings erst nach gut einer Stunde – so sehr sind Ino, der Taxifahrer, und ich bereits ins Gespräch vertieft. Eines dieser Gespräche mit Fremden, in denen trotz der fehlenden Bekanntheit eine besondere Art von Vertrauen entsteht. Er berichtet mir von dem, was ihn aktuell bewegt. Ich erzähle ihm von meinem Projekt und einer ganz konkreten Herausforderung, vor der ich stehe.

„Seit 3 Tagen will ich diesen einen Brief schreiben. Einen Brief, in dem es für mich um eine Menge geht. Für den ersten Eindruck habe ich nur diese eine Chance. Mein Problem ist nur, der Text will einfach nicht fließen.“ Ich erkläre ihm die Hintergründe und Ino scheint zu verstehen. „Wat bräuchteste denn, damit de den Brief schreben kannst? Mal so janz praktisch?“. Ino schaut mich vielsagend an. So als wüsste er, was ich gerade denke…

Vertrauen gesucht

Vertrauen bräuchte ich. Dann könnte ich den Kopf zur Seite stellen, meinen Perfektionismus ablegen und einfach mit dem Herzen schreiben. Dann würde die Worte fließen. Soweit zur Theorie … Mit der Umsetzung ist das allerdings so eine Sache. Wenig später verabschiede ich mich von Ino und steige aus dem Taxi. Eine Antwort auf die Frage „Was bräuchte ich …“  bleibe ich ihm allerdings schuldig. Noch während ich im Aufzug zu meinem Zimmer hinauffahre, richte ich einen Wunsch an das Universum. Und nein, ich wünsche mir weder einen Lottogewinn, noch einen schicken Sportwagen. Meinen Wunsch finde ich ehrlich gesagt sehr bodenständig: „Liebes Universum. Bitte sende mir ein Zeichen. Nur ein Zeichen, damit ich weiß, wie ich diesen Brief schreiben kann.“

Nachricht vom Universum

Am nächsten Morgen blicke ich verschlafen auf mein Handy. Es ist 7:30 Uhr und durch die sehr kurze Nacht fühle ich mich alles andere als wach. Nur noch schnell die Mails checken, und dann schreibe ich endlich diesen Brief, denke ich. Doch was ich dann in meinem Postfach entdecke, macht mich sprachlos. Es ist der Hinweis auf eine Facebook-Nachricht von Ino, dem freundlichen Taxifahrer aus der Nacht zuvor.

„Hey, was ich noch sagen wollte. Mein richtiger Vorname ist Inan. Das bedeutet unter anderem Vertrauen – und Glauben. Was für ein Zufall.“

Da ist er, der berühmte Wink mit dem Zaunpfahl. Ungläubig starre ich auf mein Handy. Ich lese die Nachricht ganze drei Mal, nur um sicher zu gehen, dass ich nicht träume. Tatsache, die Nachricht ist echt. Ein Grinsen breitet sich in meinem Gesicht aus. „Da hast du dein Zeichen vom Universum, Eva“, murmele ich vor mich hin und muss lachen.

Nur fürs Protokoll: Ich bitte das Universum um ein Zeichen, weiß insgeheim, dass alles, was ich gerade brauche, Vertrauen ist – und dann setzt  es mich zu Vertrauen ins Taxi. Das ist einer dieser Momente, in den mein Universum wirklich eine Menge Humor beweist. Und für diese Momente bin ich immer wieder aufs Neue dankbar. Denn Humor bringt die Leichtigkeit zurück, die uns bei Herausforderungen oft abhanden kommt.

Die Geschichte klingt abgefahren? Stimmt! Deshalb habe ich für die Skeptiker unter euch gleich den Screenshot der Nachricht mitgeliefert. Ganz im Sinne von „Transparenz schafft Vertrauen“.

Story mit Happy End?

Doch wie geht die Geschichte aus? Und was ist mit dem besagten Brief? Noch an diesem Morgen schreibe ich meine Zeilen. Dieses Mal aus vollem Herzen. Und, was soll ich sagen, die Worte fließen. Am Tag danach sende ich den Brief ab und erhalte wenige Tage später eine umwerfende Rückmeldung. Oder, um es mit den Worten von Dieter Bohlen zu sagen: „Ich bin im Recall!“.

Ob mir wirklich ein Wunder begegnet ist? Wer weiß?
Fakt ist doch:  Wunder begegnen uns jeden Tag. Wir müssen nur an sie glauben.

 

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