Vertrauen oder Kontrolle – So gelingt Führung heute

Interview mit Eva Schulte-Austum der Süddeutschen Zeitung (ET 25.09.2021)

 

Durch die Pandemie haben Führungskräfte viel Kontrolle abgeben müssen. Haben Chefs dadurch gelernt, ihren Mitarbeiter:innen zu vertrauen?

Kluge Chefs auf jeden Fall. Im Englischen heißt der Vertrauensvorschuss „Leap of Faith“ ­– was wörtlich übersetzt „Sprung ins Vertrauen“ bedeutet. Das pandemiebedingte Homeoffice hat vielen Führungskräften den nötigen Schubs gegeben, um diesen Sprung zu wagen. Die Führungskräfte, die gesprungen sind, haben in den allermeisten Fällen positive Erfahrungen gemacht: Motivierte, engagierte und eigenverantwortlich arbeitende Mitarbeiter:innen, die den gewonnenen Freiraum nutzen und ihre Aufgaben gewissenhaft erledigen.

Die Forschung zeigt: Mitarbeiter arbeiten im Homeoffice  sogar effizienter und sind in vielen Fällen leistungsfähiger.

Sie arbeiten effizienter, weil sie zu Hause mehr Ruhe haben, sich besser konzentrieren können, nicht ständig von Telefonaten gestört werden ­– und das in sie gesetzte Vertrauen bestätigen wollen. Sie sind leistungsfähiger, weil sie durch fokussiertes Arbeiten mehr schaffen, produktive Arbeitszeiten am Tag besser ausnutzen und motivierter sind, um das in sie gesetzte Vertrauen zu bestätigen. Die positive Form der selbsterfüllenden Prophezeiung.

Diese positive Erfahrungen helfen Führungskräften, die sich bisher mit Vertrauen schwer getan haben, in Zukunft leichter und schneller den „Sprung ins Vertrauen“ zu wagen. Ein positiver Regelkreis, der im besten Falle die Arbeitswelt revolutioniert: hin zu mehr Vertrauen und weniger Kontrolle.

Für Unternehmen in der heutigen Zeit ist das elementar, denn Vertrauen schafft Schnelligkeit und senkt die Kosten.

Damit ist Vertrauen ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor, der Unternehmen noch erfolgreicher macht – und die Arbeitszufriedenheit steigert. Wer das als Unternehmen erkennt und seine Führungskräfte danach handeln lässt, der ist für die neue Arbeitswelt mit ständigen Veränderungen, steigender Komplexität, zunehmender Digitalisierung und globalisierten Märkten sehr gut aufgestellt.

Wie können Führungskräfte – und Menschen allgemein – überhaupt lernen, zu vertrauen?

Die wirkungsvollste Art Vertrauen aufzubauen ist der Vertrauensvorschuss. Denn Vertrauen schafft Vertrauen. Wer anderen Vertrauen schenkt, macht wissenschaftlich betrachtet bessere Erfahrungen. Diese wiederum machen es beim nächsten Mal leichter, Vertrauen zu verschenken. Ein positiver Regelkreis, der sich nicht nur positiv auf die Motivation, die Leistungsfähigkeit und das Engagement der Mitarbeiter:innen auswirkt, denen man Vertrauen schenkt, sondern auch die Effizienz und Schnelligkeit steigert.

Ein Dänisches Sprichwort sagt: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist teurer.“ Denn Kontrolle kostet sehr viel Energie, Zeit, Nerven – und auch Geld. Vertrauen hingegen macht das Miteinander leichter, entspannter und angenehmer. Wer lässt sich schon gerne kontrollieren? Wer die Vorzüge von Vertrauen und die Nachteile von Misstrauen kennt und versteht, dem fällt es in der Regel leichter, einen Vertrauensvorschuss zu geben.

Manchmal ist Vertrauen allerdings ein zu großer Schritt. Etwa weil die Erfahrung fehlt oder die eigene Unsicherheit zu groß ist. In diesem Fall ist ein Zwischenschritt hilfreich: das Zutrauen. Jemandem etwas zuzutrauen bedeutet, es erst einmal für möglich zu halten. Etwa dass Mitarbeiter:innen auch im Homeoffice gewissenhaft arbeiten, dass sie der neuen Aufgabe gewachsen sind – oder dass sie sich melden, wenn sie alleine nicht weiterkommen und Unterstützung benötigen. Zutrauen ist der kleine Samen, aus dem Vertrauen wachsen kann.

 Welche Grundlagen braucht es, um zu vertrauen?

Das Wichtigste, um anderen Menschen zu vertrauen, ist Selbstvertrauen. Das Vertrauen in sich selbst, dass auch, wenn ich enttäuscht oder verletzt werde – ich mit der Situation umgehen kann. Das macht die Entscheidung zu vertrauen deutlich leichter. Denn Vertrauen ist vor allem eines: eine persönliche Entscheidung.

Zudem hilft zu wissen, dass Misstrauen uns nicht vor Enttäuschungen schützt, sondern diese besonders wahrscheinlich macht. Die berühmte selbsterfüllende Prophezeiung. Menschen einen Vertrauensvorschuss zu geben, ist also in den meisten Fällen eine kluge Entscheidung, wenn ich positive Erfahrungen machen möchte.

Ist Vertrauen immer gut, Kontrolle immer schlecht?

Weder Vertrauen noch Kontrolle sind per se gut oder schlecht. Vielmehr geht es darum, eine gute Balance zwischen beidem zu finden. Weg von einem „entweder oder“ hin zu einem „sowohl als auch“.

Als Führungskraft darf man sich öfter mal die Frage stellen, wieviel Kontrolle braucht es wirklich – und wo kann ich einen Vertrauensvorschuss geben, der nicht nur Zeit und Energie auf beiden Seiten spart, sondern auch dem Mitarbeiter die Möglichkeit gibt, Eigenverantwortung zu übernehmen, sich weiterzuentwickeln und sein Selbstvertrauen zu stärken.

Die wichtigste Aufgabe einer Führungskraft ist übrigens nicht, dass Mitarbeiter:innen der Führungskraft vertrauen. Die wichtigste Aufgabe einer Führungskraft ist, dass Mitarbeiter:innen lernen, sich selbst zu vertrauen. Denn dann übernehmen diese freiwillig Verantwortung, sind engagierter und motivierter, lernen schneller – und wachsen über sich hinaus.

Wann ist Kontrolle sogar sinnvoll? 

Aus der Vertrauensforschung wissen wir: Kontrolle ist nicht gleich Kontrolle. Entscheidend ist die Intention, mit der sie ausgeübt wird. Kontrolle, die als unterstützend erlebt wird, wird leichter akzeptiert und stärkt die Beziehung. Der Chef, der sich ehrlich für seine Mitarbeiter:innen interessiert, und deshalb dann und wann nachfragt, wie es läuft – dem schenkt man gerne Vertrauen. Erleben Mitarbeiter:innen hingegen Kontrolle als Ausdruck von Misstrauen, oder empfinden sie als degradierend, schadet das der Beziehung.Chefs und Chefinnen sind deshalb gut damit beraten zu erklären, warum sie an bestimmten Stellen überprüfen. Die eigene Motivation dahinter für die Mitarbeiter:innen nachvollziehbar zu machen, kann Missverständnisse und Konflikte vermeiden – und wirkt vertrauensstiftend.

Welche Erfahrungen haben Sie in der Pandemie gemacht? Wie gut gelingt Ihnen Homeoffice? Mit welchen Herausforderungen hatten Sie zu kämpfen? Und wie sind Sie damit umgegangen?  Teilen Sie Ihre Erfahrungen – und inspirieren SIe andere.

Ihre Eva Schulte-Austum

 

Sie möchten mehr darüber erfahren, wie Homeoffice wirklich gelingt? Und welche 3 großen Fehler Sie selbst dabei am besten vermeiden? Dann ist dieser Artikel garantiert interessant für Sie: Das Homeoffe Experiment: Warum es scheitert? Und wie es gelingt?

 

Über Eva Schulte-Austum

Eva Schulte-AustumEva Schulte-Austum ist Wirtschaftspsychologin, Business-Coach, Keynote Speaker und „Deutschlands Vertrauensexpertin Nr. 1“ (ARD, ZDF, WDR, NDR). Sie berät Unternehmen zum Thema Führung, Chance Management  und New Work. Als Organisationsberaterin hilft sie Unternehmen eine Vertrauenskultur zu etablieren, in der Mitarbeiter gerne arbeiten, freiwillig Verantwortung übernehmen und Veränderungen aktiv gestalten.

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